Ohne Worte

Ich hab so ewig nichts mehr geschrieben… auch und vor allem, weil ich – nach dem letzten Beitrag – lange Zeit nicht wusste, ob es hier überhaupt eine Fortsetzung geben kann. Ein Blog ist eine heikle Angelegenheit, wenn die eigenen 23-Uhr-Gedanken Gegenstand von medialer Berichterstattung werden. Aber… das passiert hoffentlich nicht jedes Mal. Insofern hier ein neuer Versuch, ein paar meiner aktuellen Überlegungen mit euch zu teilen.

Die Bundestagswahl haben wir gewonnen. Und in München doch verloren. Echte Freude kam deshalb bei mir nie auf. Ich bin noch immer wütend, dass dieses (für eine Sozialdemokratin völlig unbekannte, langersehnte) Hochgefühl nach einem Wahlsieg einfach ausgeblieben ist. Die seit Monaten/ Jahren kreisenden Gedanken und die alles entscheidende Frage, wie die München Partei München zurückgewinnt, beschäftigen mich und viele andere deshalb noch immer. Wir haben versucht, trotz schwieriger Finanzlage in Folge der Pandemie neu aufgetretene soziale Notlagen zu lindern… wohlwissend, dass noch viel zu tun ist, damit in schwierigen Krisen – gesellschaftlichen, aber auch persönlichen – niemand in unserer Stadt im Stich gelassen wird, zu jedem Zeitpunkt die eigenen Rechte kennt und Unterstützung erhält. Es ist frustrierend, den Exzessen des Wohnungsmarktes mangels gesetzlicher Grundlagen oft nur zuschauen zu können. Wenn in Berlin etwas passieren muss, dann wirklicher Mieter*innenschutz. Und ein paar Milliarden für den Ausbau des ÖPNV wären gut. Irgendwie sind die Kommunen während der Sondierungen noch etwas zu kurz gekommen.

Die Vereinbarkeit aller Dinge…

Ich hatte gerade eine Woche Ferien, die ich jetzt mit Wochenendarbeit in meinem echten Job bezahle. Es belastet mich zunehmend, dass ich Amt und Beruf kaum noch unter einen Hut bringe, und wenn, dann nur zu dem Preis, zu wenig für meine Tochter da zu sein. Oder auf sowas wie ein Privatleben zu verzichten. Vielen meiner Kolleginnen und Kollegen geht es vermutlich ähnlich. Es kann einer Millionenstadt mit 7,5-Mrd.-Haushalt nicht gut tun, wenn permanent überlastete Ehrenamtliche alle Aufgaben, die die Gemeindeordnung für sie vorsieht, kaum noch umfänglich oder gar zufriedenstellend bewältigen können. Gerne würde ich vielen Projekten besser nachgehen, politische Debatten qualitativer und intensiver führen, unsere nicht mal acht Mitarbeiter*innen in der Fraktion vor endlosen Überstunden bewahren und den arbeitsfreien Sonntag nicht nur für andere verteidigen. Aber es funktioniert nicht und das schadet meines Erachtens zusehends unserer Kommunalpolitik. Vielleicht mag der Freistaat irgendwann doch nochmal überlegen, ob es zielführend ist, dass Landtagsabgeordnete ungeachtet ihrer persönlichen Verantwortung oder Position drei persönliche Mitarbeiter*innen haben, hier aber komplettes DIY angesagt ist. Und nein, ich jammere nicht, ich mache mir Sorgen. Um die Qualität unserer Arbeit und damit auch ein wenig um die Zukunft unserer Stadt.

#ellithecat und ich in einem unbeschwerten Moment. ☺️

Eindimensionale Debatten werden der Sache nicht gerecht

Ein weiteres Thema, das mich viel beschäftigt, ist die Eindimensionalität, vielleicht sogar Plumpheit, mit der viele politischen Debatten geführt werden. Wann immer man differenziert argumentiert, kommt man medial nicht mehr vor, bzw. kann nicht steuern, mit welcher Botschaft man zitiert wird. Insofern muss man zuspitzen, einfache politische Botschaften formulieren und das bekommt den wenigsten Themen gut. Forst Kasten war nie nur einer Frage des Klimaschutzes und die IAA wird auch nicht über den Erfolg der Verkehrswende in München entscheiden. Beide Fragen haben im Hinblick auf ihre tatsächliche Relevanz viel zu viel Aufmerksamkeit erlangt, sowohl von uns im Stadtrat als auch von Seiten der über uns berichtenden Zunft. Andere wesentliche Themen taugen nicht für symbolische Schlachten, beschäftigen viele oft vergessene Menschen in unserer Stadt aber oft mehr. Wie kann es gelingen, politische Fragen wieder ehrlicher, vielschichtiger und der Sache gerechter werdend zu diskutieren?

Wirklich gute Antworten habe ich darauf auch nicht. Ich ringe ja selbst mit mir. Zwischen durchaus sachlichen Beiträgen in Ausschüssen und populistischen Attacken auf Twitter ist mir jederzeit alles zuzutrauen. Zum Vergnügen der einen, zum Leidwesen der anderen. Vielleicht einmal zu oft zu Lasten unseres Koalitionspartners. Deshalb habe ich mir selbst mehr Gelassenheit verordnet und arbeite daran, dieses Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Es ist einfach nicht zielführend und gegenüber den Münchnerinnen und Münchnern auch nicht erklärbar, sich wegen Kleinigkeiten zu streiten. Ich muss da neuerdings immer an den Kanzler in spe denken, der Politiker verachtet, die in schwierigen Situationen nicht die Nerven bewahren. Obwohl ich sicher nicht angesprochen war, habe ich mich angesprochen gefühlt. Und bin entsprechend motiviert.

Es gibt (dann doch!) ein Leben jenseits der Politik

So, schon wieder zu viel Trübsaal zu Papier gebracht bzw. in den Rechner getippt. Deshalb jetzt einige positive Aspekte der letzten Monate:

Elli ist das Haustier, das ich nie wollte, und nun liebe. Sehr. Und zu Weihnachten bekommt sie auch noch eine kleine Schwester. Damit sie nicht einsam ist, wenn ihre zwei Mädels tagsüber außer Haus sind. An dieser Stelle empfehle ich auch gerne Christian Udes Ode an seine Katze oder Die Chefin, wir er sie in einem Essay in der Süddeutschen so treffend bezeichnete.

Es heißt ja oft, dass Politik keine echten Freundschaften zulässt, aber ich habe das Glück, sagen zu können, dass das nicht stimmt. Jenseits von Konkurrenz und Arbeit gibt es Raum für Vertrauen und Offenheit. Und zwar häufiger als man gemeinhin denkt.

Und sonst so? Genieße ich die Momente mit einem guten Buch, Netflix oder einfach einen ruhigen Kaffee an einem Samstagmorgen. Und eine Nacht mit 8 Stunden Schlaf ohne zwischendrin aufzuwachen. Zum Glück auch: Nach einer Woche Ferien die zurückkehrende Lust auf noch sechs Wochen Politik in diesem Jahr. Es stehen viele wegweisende Entscheidungen an: Zum ÖPNV (überfällig), zum Wohnen (Senioren- und Azubiwohnen), zu wesentlichen sozialen Fragen (Ausbau Schuldnerberatungen, mehr Streetwork für Seniorinnen und Senioren, Nachbarschaftstreffs und Mittagessen an allen Standorten von Wohnen im Viertel) und auch zum Klimaschutz (Gutachten und Maßnahmen Klimaneutralität 2035). Natürlich bin ich auch künftig bei allen Nachfragen ansprechbar. Gerne über Twitter oder per Mail. Freu mich über jedes Feedback, auch das kritische.

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