von Stadträtin Barbara Likus
Am 3. März 2022 nahm ich an der Sondersitzung des Runden Tisches Städtepartnerschaften teil. Wie fast alle politischen Menschen war ich trotz Urlaubs sowieso permanent mit den Nachrichten aus der Ukraine auf dem Smartphone beschäftigt. Zu Beginn der digitalen Zusammenkunft berichtete Dmitry Shevchenko, Konsul der Ukraine in München von der Situation vor Ort und beschrieb deutlich, was wir als Partnerstadt jetzt tun könnten. Ein wichtiger Punkt war dabei die Unterstützung der medizinischen Versorgung.
Noch am selben Abend nahm ich Kontakt mit Konsul Shevchenko und dem Chef der München-Klinik auf: Es galt zügig zu klären: a) Wie können wir schnell medizinisches Material liefern (Notfallausrüstung, Verbandsmittel, Medikamente)? und b): Was ist dabei aus medizinischer und vor allem logistischer Sicht zu beachten?
Nur wenige Tage später transportierte ein Containerzug eine erste Lieferung dieses dringend benötigten Materials von München nach Kyiv.
Kurze Zeit später kam ein Münchener Unternehmer auf mich zu. Er hatte in Berichten und Videos von angegriffenen Städten gesehen, dass häufig Rettungsfahrzeuge getroffen wurden und nicht mehr einsatzfähig am Straßenrand standen. Wäre es nicht sinnvoll, auch Krankenwagen in die Ukraine zu bringen? Das war seine Frage an mich und sein Unterstützungsangebot.
Wie das bewerkstelligen? Ich suchte als erstes nach einer belastbaren „Bestellung“ aus Kyiv und fand hilfreiche Kontakte im ehrenamtlichen Umfeld des Konsulates. Dieter Reiter signalisierte nach einer kurzen Beratung zwischen uns, dass er sehr froh wäre, wenn ich mich der Sache annähme. Ich kontaktierte daraufhin die Leitungsebenen verschiedener Rettungskräfte mit der Bitte um Fahrzeuge im letzten Abschreibungsjahr oder auch solche, die kürzlich aussortiert wurden waren.
Die Reaktionen haben mich dann wirklich überrascht: Schnell sagten die Johanniter zu ein Auto auszurüsten und für diesen Zweck zu spenden. Auch vom ASB (Arbeiter-Samariter-Bund) erhielt ich eine Zusage. In recht kurzer Zeit standen so zwei Rettungswagen zur Überführung bereit. Der große Wurf gelang nachdem ich von einer Münchener Rettungsdienstfirma an deren Leasinggeber weitervermittelt wurde. Nach zügiger Verhandlung (und mit der Spendenprokura im Rücken) wurden dann für die Stadt München zehn weitere Krankenwagen aus dem Fuhrpark von „Rettungstechnik Klein“ erworben.
Die Wagen standen bereit – aber jetzt musste die Überführung an sich vorbereitet werden. Erster Ansprechpartner dafür war die Zulassungsstelle des Kommunalreferates: es brauchte Überführungskennzeichen. Auch die Kfz-Versicherung für die Überführung in die Ukraine musste geklärt werden – letzteres einigermaßen verrückt, weil die Fahrzeuge ja in einer Stadt unter Beschuss eingesetzt werden sollten: aber sicherheitshalber mal versichern, das ist wohl die Devise. Ausgesprochen hilfreich war hierbei die Unterstützung aus dem Direktorium der Stadtverwaltung!
Am 29. März trafen sich die an dieser Hilfsaktion Beteiligten auf dem Hof der München-Klinik Schwabing. Gemeinsam beluden wir die Rettungsfahrzeuge mit den im Vorfeld ebenfalls besprochenen medizinischen Artikeln: Am 30. März startete der Konvoi Richtung Kyiv.
Kurze Zeit später erhielt ich einen Anruf aus dem Büro des Kyiver Bürgermeisters Klitschko. Man fragte höflich nach einer weiteren Lieferung von Rettungswagen. Ich telefonierte also erneut mit Herrn Klein von der Rettungstechnik und erhielt sehr rasch die Auskunft, dass uns: sprich der Landeshauptstadt bzw. unserer Partnerstadt Kyiv weitere 12 Krankenwagen zur Verfügung gestellt werden können.
Das gesamte Verwaltungsprozedere war bekannt und eingespielt. Auch die zweite Überführung verlief deshalb problemlos.
Inzwischen hat mich ein Dankesschreiben der Kyiver Medizinischen Gesellschaft und eine Ehrenurkunde von Vitali Klitschko für diesen Einsatz erreicht. Ich fühle mich durch diese Zeichen geehrt – vor allem aber bin ich froh, dass ich hier als Stadträtin ganz praktisch helfen konnte.