Erschöpft, enttäuscht, besorgt – und trotzdem nicht hoffnungslos

So, nun fehlen von 1.274 Wahllokalen nur noch eine Handvoll und dann ist sie ausgezählt, die Kommunalwahl 2020. Mir fehlt momentan die Kraft für eine tief schürfende Analyse unserer Niederlage, und deshalb nur ein paar persönliche, ungeordnete Gedanken.

  1. Herzlichen Glückwunsch an starke Grüne. Sie haben in den letzten zwei Jahren die politische Debatte bestimmt und die großen Themen gesetzt. Insofern, verdienter Sieg. 🌻🌻🌻 Auch wenn er schon arg hoch ausgefallen ist. 😭
  2. Mein letzter Blog war einfach nicht gut genug. Naja, Spaß beiseite. Am Einsatz lag es in diesem Wahlkampf nicht. Wir haben alle miteinander bis zum letzten Tag gekämpft. Vor nem Jahr hätten wir 22 % vermutlich noch ganz erleichtert genommen. Jetzt, nach allem, was war seit Herbst letzten Jahres, sind die 22 % zu wenig. Ursachen? Ich weiß es nicht. Und möchte da jetzt auch nicht drüber nachdenken.
  3. Ergebnis vom Dieter? Naja… auch da fehlen die 2, 3 %, die den Wahlabend deutlich erträglicher gemacht hätten.
  4. Lauter gute Leute, die nicht (mehr) Teil der Fraktion sind. Vor allem Marian, Markus und Renate. So bitter.
  5. Ohrenrauschen, krasse Müdigkeit, sich vor Erschöpfung fragen, warum der ganze Scheiss, wenn man am Ende doch verliert. Und sich dann denken, naja immer darf man selbst noch mitmachen. Und vielleicht sogar weiter zum Wohle der Stadt, und nicht nur auf der härtesten Bank der Welt.
  6. Wie es weitergeht? Nicht primär in unserer Hand. Deshalb kämpfen wir jetzt nur darum, unseren OB mit einem glanzvollen Ergebnis durch die Stichwahl zu bringen.
  7. Corona. Deprimiert mich von allen Dingen mit Abstand am meisten. Für viele Menschen entschleunigt das Virus den Alltag, für andere macht es ihn mega stressig. Danke an alle, die für uns da sind, ob im Krankenhaus, Altenheim oder an der Supermarktkasse. Ohne euch würde alles zusammen brechen. Da können wir Home-Office-Helden uns nur demütig vor euch verneigen.
  8. Mein persönliches Wahlergebnis ist ziemlich gut. Ich überlege noch, wieviel ich meiner Arbeit in den ersten sechs Jahren zuschreiben darf, und wieviel auf das Konto meiner Berufsbezeichnung geht. Luxusproblem.
  9. Ich hatte so Lust auf Leben nach der Wahl. Das fällt jetzt erstmal aus. Abendtermine aber auch. Zumindest Letzteres tröstet etwas. Und viel Zeit mit meiner Tochter. Die hat ihr dreiwöchiges Lernprogramm schon am vierten Tag daheim fast erledigt. Den Ehrgeiz hätte ich früher mal haben sollen. 😅 Und der Eisladen hat auch weiter auf. Ich hoffe sehr, dass sie die fünf Wochen fast ohne Freunde und vor allem ohne Großeltern gut aushält. Es sind schon mehrfach Tränen geflossen. 😢
  10. Morgen ist Vollversammlung. In halber Besetzung. Weil es nicht anders geht. Danach wird das Rathaus dann auch so gut wie zugesperrt.
  11. Danke an alle, die mich in den letzten Monaten so unterstützt und mich am Ende gewählt haben. Danke vor allem auch an die Genossinnen und Genossen, die selber aussichtslos oder gar nicht auf der Liste waren, und wie blöd geackert haben. Danke auch an alle, die – warum auch immer – nicht oder noch nicht in der SPD sind, mir aber politisch spannende Impulse geliefert, diskutiert und mich nicht selten überzeugt haben. Ich nehme gerade auf Twitter so viel mit für die Arbeit im Rathaus. Mag seltsam klingen, aber Twitter ist einer der besten Drähte zum Puls unserer Stadt. Jedenfalls für mich.
  12. Werden wir das alles gut überstehen? Ich hab manchmal richtig Angst, auf jeden Fall Sorge. Die Arbeit im Rathaus wird sich komplett verändern. Von Geld im Überfluss und wir erfüllen alle Wünsche wird es sich wandeln zu: Kein Geld mehr, aber jede Menge Aufgaben (Klimaschutz, Verkehrswende, Wohnen, das soziale Netz aufrechterhalten). Auf jeden Fall sind die Anfängerjahre 2014/2020 vorbei. Jetzt muss dann Politik für Fortgeschrittene sein.
  13. Bleibt mir treu. Ich versuche, auch in der neuen Amtszeit so ehrlich und so oft wie möglich über das zu berichten, was wir so tun am Marienplatz 8.
Reaktion am Sonntagabend.