Zwischenbilanz nach einem halben Jahr

Nachdem ich ja leider nicht so wirklich dazu komme, diese Seite regelmäßig zu bedienen, ist das auch einer meiner guten Vorsätze für das kommende Jahr. Für den neuen Blog unserer Stadtratsfraktion habe ich den folgenden Text geschrieben:

„Und, wie findest du es jetzt so?“ Diese und ähnliche Fragen bekomme ich ständig gestellt. Von Freunden, der Familie, Kolleginnen und Kollegen, aus der Partei und von ganz vielen anderen Interessierten. Gemeint ist, wie es mir denn so im Stadtrat gefällt. Und die Antwort, die ich dann meist gebe, ist: „Ich weiß es noch nicht.“

Nach einem guten halben Jahr ist es sicher auch viel zu früh für eine abschließende Bilanz. Am Rande eines Termins vor wenigen Tagen habe ich die Frage zufällig mit einer neuen Stadträtin der Grünen diskutiert, und es hat mich sehr beruhigt, dass es ihr genauso geht wie mir.

Nachdem ich ja im ganzen Politikbetrieb noch ziemlich neu bin, habe ich im ersten halben Jahr schon so einiges gelernt. Zum Beispiel, dass man nicht mehr jede Gefühlsregung, nicht jeden Gedanken einfach so auf Facebook oder Twitter verbreiten kann. Dass man als Stadträtin Teil einer Fraktion ist (die eine gewisse Disziplin erwartet) und sich mit der eigenen Meinung nicht immer durchsetzen kann. Dass Kompromisse zum politischen Leben genauso gehören wie quälende Rückenschmerzen bei zu langen Sitzungen. Wobei: Kompromisse fallen mir oft schwer. Mit dem Kopf durch die Wand (einschließlich dicker Beule am Kopf) ist ein von mir bevorzugter, wenn auch nicht immer kluger Weg.

Dazu kommt: in meinem Politikfeld, dem Sozialbereich, ist es gar nicht so einfach, neue, innovative Ideen zu entwickeln, da viele Ideen von den Kolleginnen und Kollegen, die schon länger dabei sind, bereits vor Jahren in die Praxis umgesetzt wurden. Außerdem mahnen inzwischen die Finanzpolitiker, dass die fetten Jahre vorbei seien, bzw. das Geld auch für andere Dinge benötigt werde. Insofern schlägt man sich mit Alltagsthemen herum, beschäftigt das Sozialreferat mit der einen oder anderen Anfrage, und versucht, das Bestehende zu optimieren. Auf jeden Fall merkt man ganz schnell, dass es die eine soziale Errungenschaft, die den Alltag von sozial und gesellschaftlich benachteiligten Münchnerinnen und Münchnern sofort und grundlegend verbessert, auf kommunaler Ebene gar nicht geben kann. Solche Veränderungen sind, wenn überhaupt, nur auf Bundesebene möglich. Leider tut die eigene Partei dort momentan (und schon länger) eher wenig, um soziale Gerechtigkeit gerade in teuren Großstädten wie München durch eine entsprechende Gesetzgebung zu unterstützen.

Das Leben als Stadträtin ist oft spannend: Ich durfte im September in Vertretung des Oberbürgermeisters das Oktoberfest unserer Partnerstadt in Cincinnati eröffnen oder bei der liberalen jüdischen Gemeinde Beth Shalom der Einführung des neuen Kantors lauschen. Das sind Erfahrungen, die ich ohne mein Amt nie hätte machen können, und für die ich sehr dankbar bin. Mein eigentliches Ziel ist aber, politisch mitgestalten zu können.

Und dieses Ziel führt mich wieder zurück zur Ausgangsfrage dieses kurzen Textes, die jetzt und wohl bis auf weiteres unbeantwortet bleiben muss. Was möchte ich tun/ erreichen, um 2020 sagen zu können, das waren sechs sinnvolle und erfolgreiche Jahre? Auf jeden Fall: Ganz viel lernen. Vor allem im Sozial- und Kinder- und Jugendhilfebereich. Aber auch jenseits der Sozialpolitik stehen wichtige Entscheidungen für unsere Stadt an. An diesen möchte ich mit Sachkenntnis mitwirken. Für unsere Fraktion wünsche ich mir, dass wir in der Sache weiterhin ganz viel diskutieren, wenn nötig auch mal streiten, denn unsere Verantwortung ist es, gemeinsam in allen Politikfeldern nach den besten Antworten auf die drängendsten Fragen zu suchen. München steht vor vielfältigen Herausforderungen, und die Stadt und damit auch der Stadtrat werden sich daran messen lassen müssen, wie wir mit denen umgehen, die auf unsere Unterstützung am meisten angewiesen sind.