Ungelöste Fragen am späten Abend…

Ich war heute auf der ersten Münchner Mädchenkonferenz im Rathaus, und setze mich auch Stunden danach mit dieser auseinander, weil mich ein Thema nicht loslässt. Das Format ist so: Mädchen zwischen 10 und 18 haben Anträge und Anliegen, eine Politikerin nimmt sich der Bearbeitung an. Aus dem Stadtrat waren da Bürgermeisterin Christine Strobl, Verena Dietl, Katrin Habenschaden, Anja Berger, Beatrix Zurek und auch Bezirksrätin Irmgard Hofmann.

Jedenfalls gab es einen Antrag aus dem Münchner Norden zu einem Schwimmbad nur für Mädchen und Frauen. Dazu gab es im Rahmen der Vorstellung des Antrags einen Film, in dem noch sehr junge Mädchen vor der Pubertät erklärt haben, dass sie sich nicht vor Jungs wegen ihres Körpers schämen wollen und dann gab es Szenen, in denen zwei ebenfalls sehr junge Mädchen mit Kopftuch nicht mit ihren gleichaltrigen deutschen Freundinnen ins Schwimmbad konnten, weil es dort auch Jungs gibt und ihr Glaube/ ihre Eltern Ihnen das verbieten. Als Lösung des Problems wurden dann eben Schwimmbäder und Schwimmzeiten nur für Mädchen und Frauen gefordert.

Mich hat der Film erschüttert. Auch weil er so gedreht war, als wäre es das selbstverständlichste und naheliegendste überhaupt, dem Problem der Mädchen damit zu begegnen, dass sie eben unter sich bleiben können. Der Ambivalenz des Ganzen (Mädchenrechte im Zusammenspiel mit der Religion) wurde kein Raum gegeben.

Eigentlich kann und möchte ich mir aber kein München vorstellen, in dem Jungs und Mädels nicht gemeinsam in einem Schwimmbad baden können, in dem vorpubertäre Mädchen sich für Ihre Weiblickeit schämen, in dem die Religion Freundinnen davon abhält, gemeinsam ihre Freizeit zu verbringen.

Irgendwie prallen hier meine persönlichen Werte in sich fundamental zusammen. Einerseits respektiere ich die Freiheit des Glaubens und der damit verbundenen Traditionen und Lebensweisen, andererseits kann ich es NULL verstehen, dass wir als Politikerinnen dieser Stadt, die sich für Gleichstellung von Mädchen und Frauen einsetzen, akzeptieren und unterstützen sollen, dass junge Mädels in unserem freien, säkularen Land nicht ungehemmt/ angstfrei oder überhaupt in Schwimmbäder gehen können.

Die darauf folgende Diskussion hat deutlich gemacht, dass die Meinungen bei dieser Frage weit auseinander gehen. Ich hab auch keine abschließende, aber ich merke sehr, wie ich bei dieser Frage an die Grenzen meiner (vermeintlichen?) Toleranz stoße. Irgendwie möchte ich weder akzeptieren, dass diese jungen Mädchen mit denselben Beschränkungen ihrer individuellen Freiheit leben müssen wie ihre Mütter. Noch möchte ich, dass meine eigene Tochter das bei ihren Freundinnen erlebt. Das widerstrebt doch allem, wofür wir uns einsetzen, was ich mir für das Leben meiner Tochter aber auch für das aller Münchner Mädchen wünsche: dass sie alle Möglichkeiten, alle Chancen haben! Und dann frag ich mich im nächsten Atemzug: liege ich völlig falsch und bin einfach nur intolerant und unfähig, diesen Aspekt des Islam zu verstehen und zu respektieren?

Vielleicht habt ihr ja auch kluge Gedanken zu diesen Fragen… ich bin ratlos. 😓

PS: Auf Facebook hat sich dazu inzwischen eine kleine Diskussion entwickelt, die sehr interessante, mich zum Nachdenken bringende Gedanken und Aspekte aufwirft. Falls ihr mitdiskutieren wollt, hier ist der Link.

Und noch ein journalistischer Nachtrag der Süddeutschen.